Die Digitalisierung von Energiesystemen hat zu cyber-physischen Energiesystemen (CPESs) geführt, die durch eine verstärkte Durchdringung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKTs) gekennzeichnet sind. IKT-Systeme bestehen typischerweise aus Hardware, Software und Daten, die alle den sicheren und zuverlässigen Betrieb des vernetzten Energiesystems ermöglichen. Diese zunehmende Abhängigkeit vom IKT-System hat bereits die Anzahl der Faktoren erhöht, die das Gesamtverhalten des CPES beeinflussen. Vergangene Ereignisse haben gezeigt, dass neben traditionellen Problemen des Energiesystems auch IKT-Probleme, wie Softwarefehler, Überlastungen und Cyber-Bedrohungen, zu großflächigen Stromausfällen führen können. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Überwachung nicht nur des Energiesystems, sondern auch des vernetzten IKT-Systems, um Ereignisse zu erkennen, die dem gesamten CPES schaden können.
Trust, als Konzept ursprünglich aus dem Bereich des Organic Computings stammend, wird verwendet, um die Vertrauenswürdigkeit von Komponenten und Teilsystemen zu bewerten. Es wird definiert als ein „kontextabhängiges und multivariates Empfinden gegenüber einer Entität mit unterschiedlichen Facetten wie funktionale Korrektheit, Sicherheit, Zuverlässigkeit, Glaubwürdigkeit und Benutzerfreundlichkeit“. Trust kann sich dabei auf Komponenten, Daten oder Services des Energie- und IKT-Systems beziehen. Nicht alle Facetten sind für alle Entitäten relevant und die Definition könnte erweitert werden, um weitere interessante Facetten zu berücksichtigen.
Das Vertrauen in eine Entität kann anhand einer Kombination aus statischen Informationen (z.B. aus einem Informationssicherheitsmanagementsystem (ISMS)), Echtzeitinformationen aus Überwachungssystemen (z.B. aus einem IKT-Health-Monitoring-System oder einem Intrusion-Detection-System (IDS)) oder basierend auf Erfahrungen bewertet werden. Unterschiedliche Informationen tragen zur Berechnung verschiedener Facetten bei. Beispielsweise kann ein IKT-Health-Monitoring-System zur funktionalen Korrektheit beitragen, während ein IDS zur Sicherheit beiträgt. Die unterschiedlichen Facetten ermöglichen die Nutzung von Trust, um eine Vielzahl von Störungen in CPESs zu identifizieren oder vorherzusehen, auf deren Grundlage bessere betriebliche Entscheidungen getroffen werden können.
Das Vertrauen in Komponenten kann auch für eine ganzheitliche Zustandsüberwachung des gesamten CPES genutzt werden, die nicht nur traditionelle elektrotechnische Parameter (z.B. Leistungen, Ströme) berücksichtigt, sondern auch nicht-technische Parameter (z.B. die Leistung von IKT-Komponenten und Netzdiensten). Die hierarchische Struktur eines Energiesystems erleichtert auch eine hierarchische Vertrauensbewertung. Dies wird in der folgenden Abbildung gezeigt, in der der Fluss der elektrotechnischen Messungen auf drei verschiedenen Ebenen dargestellt ist. Auf der Prozessebene liefern die Sensoren Messungen wie Wirkleistung (P), Blindleistung (Q) und Ströme (I). Diese Messungen werden dann an einen Aggregator auf Umspannwerkebene gesendet, der die Messungen von den Sensoren sammelt und die gepackten Messungen an ein SCADA-System auf der Leitwartenebene sendet.
Die erste Vertrauensbewertung der Sensoren und ihrer Messungen wird beim Aggregator unter Verwendung der Informationen aus einem IDS, einem ISMS und einem IKT-Health-Monitoring-System durchgeführt. Das Ergebnis ist, dass die zum SCADA-System übermittelten Vertrauensdaten einen multivariaten Wert darstellen, der verschiedene Störungen wie Cyberangriffe und Software-/Hardware-Fehlfunktionen erfassen kann. Im SCADA-System wird eine zweite Vertrauensbewertung durchgeführt, die das Vertrauen in den Aggregator berücksichtigt. Dies geschieht basierend auf Eingaben aus den gleichen Vertrauensquellen, die zusätzlich zu den Sensoren auch den Aggregator überwachen können. Da die Messungen von den Sensoren über den Aggregator fließen, umfasst das Vertrauen in den Aggregator auch das Vertrauen in die Sensoren. Dies führt zu einer Vertrauensweitergabe über verschiedene Komponenten im CPES. Das Ergebnis der Vertrauensbewertung kann dann in die im SCADA-Leitstand laufenden Dienste (z.B. Zustandsschätzung) integriert werden, was zu einem besseren Situationsbewusstsein und besseren betrieblichen Entscheidungen in CPES führt. Eine Demonstration der Vertrauensbewertung für Energie- und IKT-Systeme unter Berücksichtigung des Zustandsschätzungsdienstes finden Sie unter https://youtu.be/3hwi49sfllQ.
Die Hauptvorteile der Verwendung von Trust in CPESs lassen sich wie folgt zusammenfassen:
In diesem Zusammenhang konzentriert sich die Gruppe ROC – ohne darauf beschränkt zu sein – auf die folgenden Forschungsfragen:
E-Mail: Michael.Brand(at)offis.de, Telefon: +49 441 9722-144, Raum: E84a
Michael Brand, Anand Narayan, Sebastian Lehnhoff; April / 2024
Anand Narayan, Michael Brand, Nils Huxoll, Batoul Hage Hassan, Sebastian Lehnhoff ; March / 2024
AMIT KUMAR SINGH, JELKE WIBBEKE, AMIN RAEISZADEH, NILS HUXOLL, MICHAEL BRAND; DACH+ Conference on Energy Informatics 2024; October / 2024
Anand Narayan; July / 2024
Michael Brand; December / 2023
Brand, Michael and Engel, Dominik and Lehnhoff, Sebastian; Energy Informatics; 2023
Payam Teimourzadeh Baboli, Amin Raeiszadeh, Michael Brand, and Sebastian Lehnhoff; DACH+ Conference on Energy Informatics, Vienna, Austria; 2023
Klaes, Marcel and Zwartscholten, Jannik and Narayan, Anand and Lehnhoff, Sebastian and Rehtanz, Christian; IEEE Access; 2023
Loeffler, Dominik; Abstracts of the 12th DACH+ Conference on Energy Informatics 2023; October / 2023
Hage Hassan, Batoul and Brand, Michael and Lehnhoff, Sebastian; Abstracts of the 12th DACH+ Conference on Energy Informatics; 2023