Der demografische Wandel sowie der steigende Mangel an Pflegefachpersonen zeigen deutlich auf, dass unsere immer älter werdende Gesellschaft technische Unterstützung in der Pflege braucht. Daher werden Roboter, insbesondere soziale oder auch Pflegeroboter, auf lange Sicht zu einem elementaren Teil unseres Alltags werden. Doch wie sollten diese Roboter aussehen?
Im Forschungsprojekt „OtherCare“ hinterfragt die Frederike Jung, Wissenschaftlerin im Bereich Gesellschaft des OFFIS, die aktuellen Designtrends der menschenähnlichen „humanoiden“ Roboter kritisch: Wenn das menschliche Äußere in einer Maschine nachgeahmt wird, kann das bei Nutzenden ein mulmiges Gefühl hervorrufen (Uncanny Valley). Außerdem verleitet das Design dazu, Stereotype auf die vermenschlichte Technologie zu übertragen, wie zum Beispiel die Annahme, eine Pflegekraft – sei sie auch aus Blech und Kabeln – solle weiblich sein.
Davon überzeugt, dass solche Perspektiven nicht in unsere moderne Gesellschaft passen, erforschte Jung das Designpotenzial von nicht-humanoiden Pflegerobotern. Sie stattete einen für Virtual Reality implementierten Roboter mit verschiedenen Verhaltenssignalen aus und untersuchte, ob dadurch pflegerelevante Attribute vermittelt werden können. Ihr Forschungsansatz wurde mit dem OLDIE Preis 2021 für die beste Abschlussarbeit im Department für Informatik der Universität Oldenburg ausgezeichnet und erreichte den zweiten Platz beim Helene-Lange-Preis der EWE Stiftung.
In ihrer Arbeit legte Frederike Jung besonderen Wert darauf, verschiedene interdisziplinäre Ansätze – von (Sozial-)Psychologie bis Robotik – zu betrachten und den Menschen ins Zentrum der Entwicklung zu rücken. Deswegen besuchte sie Pflegeinstitutionen und führte Interviews sowie Umfragen durch. Ihre Ergebnisse geben neue Hinweise darauf, dass nicht menschenähnliche Roboter vor allem Kompetenz vermitteln müssen – ein Attribut, das bei Weitem kein Geschlecht hat.
Über den akademischen Rahmen hinaus führte ihr Roboter-Projekt sie mit dem Oldenburger Staatstheater zusammen. Für das „Technical Ballroom“ Projekt, in dem Themen der Digitalisierung auf die Theaterbühne gebracht werden, kollaboriert Frederike Jung für die künstlerisch-wissenschaftliche Zusammenarbeit.
Insgesamt ist das Projekt „OtherCare“ ein Beispiel dafür, wie ausgezeichnete Informatikforschung den Menschen miteinbezieht und diverse Blickwinkel vereint.
Für ihre Zukunft am OFFIS versteht Frederike Jung die Informatik weiterhin als interdisziplinär und kreativ. In ihrem aktuellen Projekt „PANDIA“ erforscht sie daher in Kollaboration mit Künstler*innen, wie Virtual Reality das Thema Datenschutz und Privatsphäre in unserer digitalen Gesellschaft neu beleuchten kann.