Das Digitale nimmt einen signifikanten Anteil unseres Alltags ein. Wir treffen uns in Videokonferenzen, shoppen online oder downloaden das neue Album unseres Lieblingsmusikers direkt auf unser Smartphone. Auch der Konzertbesuch fällt immer öfter dem entspannten Schauen des zugehörigen Live-Streams auf der heimischen Couch zum Opfer - und das nicht erst seit Corona. Damit all das so reibungslos wie möglich vonstattengehen kann, bedarf es einer dezentralen Dateninfrastruktur: der sogenannten Cloud.
Bisher wird der Markt des Cloud-Computings vor allem von wenigen US-amerikanischen Großunternehmen dominiert. In Zeiten, in denen Daten nicht selten als Währung der Zukunft bezeichnet werden, ist die daraus resultierende Abhängigkeit durchaus problematisch zu betrachten, vor allem, wenn es um die Speicherung von persönlichen Informationen, wie beispielsweise Gesundheitsdaten, geht. Denn auch große Unternehmen und öffentliche Einrichtungen sind heutzutage auf leistungsstarke Online-Speicher angewiesen.
Mit der vom deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gestarteten Initiative Gaia-X soll eine Alternative geschaffen werden, die es den Bürgern der EU ermöglicht, auch sensible Daten geschützt durch die scharfen EU-Datenschutzstandards in einer Cloud zu speichern. Die Grundidee dabei ist, dass sich viele kleinere Anbieter innerhalb Europas gezielt vernetzen. Das BMWi hat für die Entwicklung dieses innovativen Netzwerks folgende sieben Leitprinzipien auf Basis der europäischen Werte festgelegt:
Obwohl Gaia-X keiner Gewinnerzielungsabsicht unterliegt, wird auch die Wirtschaft von einer stabilen europäischen Cloud profitieren, insofern diese zum Standard für ihre Dienste, Software und Datenarchivierung ausgebaut wird. So können zukünftig Synergien genutzt werden, um Innovationen zu fördern, auf deren Basis zukunftsfähige Geschäftsmodelle entwickelt werden können. Dies ist insbesondere für datenbasierte Technologien wie die Künstliche Intelligenz von großem Wert.
OFFIS Vorstand Prof. Dr. techn. Susanne Boll-Westermann ist innerhalb der Initiative Mitglied im Workstream 1: „Anwenderökosysteme und -anforderungen“. Dessen Ziel ist, eine breite und nachhaltige Aktivierung der Anwender- und Nachfrageseite zu ermöglichen, damit wichtige Faktoren wie eine klar geregelte Datenhoheit zu einem möglichst hohen Vertrauensniveau führen können. So werden Teilnahmehürden gezielt gesenkt und der Abstimmungsaufwand zwischen den einzelnen Anwendern innerhalb des Online-Netzwerks kann auf das nötige Minimum reduziert werden.
Der Workstream 1 bringt die verschiedenen Perspektiven aus den Anwendungsdomänen ein und erarbeitet anwendungsübergreifende Anforderungen. Gemeinsam mit Herrn Stefan Hoppe (Senior Manager Strategic Technologies bei Beckhoff Automation GmbH & Co. KG) vertrat Prof. Boll den Workstream 1 beim Virtual Expert Forum mit dem Online-Vortrag „User’s rationale: insights from various use cases“, der die Anforderungen an Gaia-X aus der Anwendersicht präsentiert. Im Arbeitskreis Gaia-X Health bringt Frau Boll Anforderungen aus dem Bereich Gesundheit ein, die bereits im Dokument „GAIA-X: A Pitch Towards Europe Status Report on User Ecosystems and Requirements“ eingeflossen sind.
Mit dem Anwendungsfall (Use Case) „Future Care Platform“, der sich damit befasst, wie Gaia-X die Pflege bei zukünftigen Herausforderungen unterstützen kann, definierte Susanne Boll zudem bereits erste Mehrwerte, die eine dezentrale Pflegeplattform mit sich bringen würde.
Die Initiative Gaia-X ist so vielfältig in ihren Möglichkeiten, dass Minister Peter Altmaier sie nicht grundlos als „Start einer digitalen Mondrakete" bezeichnete. Da das OFFIS neben der Domäne Gesundheit auch in den Bereichen Energie und Smart Living vertreten sein wird, werden wir auch zukünftig regelmäßig weitere Einblicke in die Entwicklung von Gaia-X geben.
Weiterführende Informationen:
Dossier Gaia-X:
https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/gaia-x.html
Projektpapier Gaia-X:
Use Case „Future Care Platform“:
https://www.data-infrastructure.eu/GAIAX/Redaktion/EN/Artikel/UseCases/future-care-platform.html