Auf globaler Ebene spielen die 17 Nachhaltigkeitsziele der vereinten Nationen eine große Rolle. Die Agenda 2030 ist Ausdruck einer neuen Qualität der Politik: Alles soll mit Blick auf eine nachhaltige Entwicklung überlegt und angegangen werden. Die Agenda gilt - anders als frühere Programme zur nachhaltigen Entwicklung – gleichermaßen für Industrieländer, Schwellen- und Entwicklungsländer. Die 17 Nachhaltigkeitsziele wurden daher auch in die Strategie der Bundesregierung übernommen. Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen hat im Jahr 2019 ein Gutachten über „Unsere gemeinsame digitale Zukunft“ herausgegeben und konkrete Forschungsempfehlungen im Kontext der nachhaltigen Digitalisierung ausgesprochen. Auch das OFFIS richtet seine Forschung nach den Nachhaltigkeitszielen wie bspw. Gesundheit und Wohlergehen, hochwertige Bildung, bezahlbare und saubere Energie oder nachhaltige Städte und Gemeinden aus.
Aber auch nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion werden in Zukunft mehr Beachtung finden. So werden zum Beispiel Industrien zunehmend herausgefordert, aufgrund steigender Nachfrage gepaart mit erhöhter Volatilität auf den Rohstoffmärkten und Knappheit bestimmter Rohstoffe zu reagieren. Außerdem nimmt die Bedeutung der Erweiterten Produzentenverantwortung (extended producer responsibility, EPR) für Konsumenten und gesetzgebende Institutionen zu. Aus diesen Gründen werden „End-of-Life-Produkte“ als Quelle für sekundäre Rohstoffe immer wichtiger, da normalerweise neue Rohstoffe und Produkte mehr Ressourcen für ihre Herstellung benötigen als Sekundärrohstoffe oder instandgesetzte Produkte. Es wird erhöhte Anforderungen an die Nachverfolgbarkeit der Rohstoffe in den industriellen Lieferketten geben. Die dabei verfolgten Ziele der Bundesregierung sind (a) Erhöhung der Nachhaltigkeit von Produkten durch Wiederverwendung und (b) Vermeidung von „Konfliktrohstoffen. Problematisch ist hierbei der Nachweis der kompletten Lieferkette der Rohstoffe sowie der Nachweis, dass Rohstoffe aus Recyclingverfahren genutzt werden. Eine sogenannte „reverse supply chain“ ist, da sie viele Akteure hat, deutlich schlechter nachzuverfolgen, als eine traditionelle supply chain, die meist wenige Akteure hat.
Genau bei der Digitalisierung der Rückverfolgbarkeit von Rohstoffen aus Recyclingverfahren setzt ein neues Vorlaufforschungsprojekt von OFFIS an. Erste Ansätze basieren auf Methoden der Datenspeicherung und -verarbeitung und deren Nachverfolgbarkeit innerhalb von reverse supply chains. Big Data Verfahren sowie Distributed-Ledger-Technologien, aber auch Künstliche Intelligenz müssen in dieser Domäne untersucht werden.
Generell wird in Zukunft ein IT-gestütztes Werkzeug für das Closed Loop Supply Chain Management (innerhalb von einem Unternehmen) und für das Open Loop Supply Chain Management (über mehrere Unternehmen hinweg) benötigt. Es soll eine Nachverfolgbarkeit von Produktströmen zur Kreislaufschließung über ganze Wertschöpfungsketten hinweg inklusive Reverse Logistik für Güter ermöglichen. In der Logistik- und Produktionsphase sind bereits einige Akteure aktiv. Jedoch befassen sich aktuell noch sehr wenige mit dem Lebensende eines Produktes. Wer weiß schon, ob unser Abfall/Schrott nicht die Rohstoffquelle von morgen sein kann? Ganz im Sinne einer wirklich nachhaltigen (digitalen) Kreislaufwirtschaft.
Kontakt: Dr.-Ing. Alexandra Pehlken
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