Neue gesundheitspolitische Strategien zur Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten auf Bevölkerungsebene bedingen das Vorhandensein von aussagekräftigen und belastbaren Daten. Hierzu gehören neben Informationen zu Verbreitung und Erwerbsrisiko einer vermeidbaren Erkrankung auch möglichst exakte Kenntnisse über die zu Grunde liegenden Einflussfaktoren und Ursachen. Durch die gegenwärtige Praxis der Gesundheitsberichterstattung in Deutschland werden solche Expositionswirkungsbeziehungen jedoch nicht erfasst. Die einzige Möglichkeit einer prämorbiden Dokumentation von Entwicklung und Risiko besteht in der Durchführung einer möglichst schon vor der Geburt einsetzenden Longitudinalstudie. Diese auf Grund des frühen Startpunktes als „Geburtskohorten“ bezeichneten Langzeitbeobachtungen von Neugeborenen erfolgen gegenwärtig überwiegend auf europäischer Ebene, in Deutschland dagegen nur an wenigen Standorten.
Als innovativen Weg für evidenzbasierte gesundheitspolitische Entscheidungen beabsichtigt das Land Nordrhein-Westfalen, eine solche Geburtskohorte NRW durch das Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst NRW (lögd) ins Leben zu rufen. Im Rahmen der Geburtskohorte NRW sollen Neugeborene über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren beobachtet werden, um Aussagen über die gesundheitliche Entwicklung dieser Kinder zu geben. Ein wichtiges Studienprinzip der Geburtskohorte NRW ist, auf internationale Erfahrungen zurückzugreifen. So soll sich die Geburtskohorte NRW inhaltlich an dem bereits etablierten und validierten ELSPAC-Protokoll orientieren, das in der seit 1991 laufenden Kohortenstudie „European Longitudinal Study of Pregnancy and Childhood” (wird derzeit unter ELSPAC fortgeführt, eingesetzt wird. Als Haupt-Instrument dienen Fragebögen, die zu bestimmten Zeitpunkten verschickt, von den Kohortenmitgliedern selbst online oder offline ausgefüllt und nach Rücksendung zentral ausgewertet werden. Diese Methodik soll auch innerhalb der Geburtskohorte NRW eingesetzt werden. Darüber hinaus ist eine Integration weiterer Datenquellen (z.B. Schuleingangsuntersuchungen) zum Datenabgleich sowie der Aufbau einer Biobank
vorgesehen.