Das Anfang des Jahres 2020 gestartete und vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderte Experimentierfeld „DigiSchwein – Cross Innovation und Digitalisierung in der tiergerechten Schweinehaltung unter Berücksichtigung des Ressourcenschutzes“ leistet einen Beitrag zur Weiterentwicklung einer tiergerechten ressourcenschonenden Schweinehaltung. In enger Zusammenarbeit mit Verbundpartnern aus Wissenschaft und Wirtschaft werden im Projekt auf Grundlage von IoT (Internet of Things), Big Data und Machine Learning Lösungen entwickelt, die das Tierwohl, die Tiergesundheit und die Betriebsmitteleffizienz verbessern und zu einer Reduzierung des Eintrags von Nährstoffen in die Umwelt führen sollen.
Schweinehaltende Landwirt*innen sind verpflichtet, ihren Tierbestand mindestens zweimal am Tag in Augenschein zu nehmen. Bei ihren Kontrollgängen müssen sie sich hier auf ihre Erfahrung und ihren subjektiven Eindruck von ihren Tieren verlassen. Ein erhöhter Lärmpegel im Stall oder Wunden an Ohren und Schwänzen sind Alarmzeichen, die erfahrene Landwirt*innen registrieren, um anschließend gezielt zu handeln. Ein frühzeitiges Erkennen von Fieber, der Verweigerung der Wasseraufnahme oder ein sich entwickelndes abweichendes Verhalten der Tiere sind dagegen schwerer oder gar nicht zu registrieren.
Um Landwirt*innen bei ihrer täglichen Arbeit zu unterstützen, wird in „DigiSchwein“ ein Frühwarn- und Entscheidungshilfesystem entwickelt: Der Fokus dieser Arbeiten liegt dabei auf der Lösung aktueller praxisrelevanter Probleme in der Haltung von Schweinen. Diese Anwendungsfälle umfassen die Haltung unkupierter Schweine und der damit verbundenen Verhinderung von Schwanzbeißen, die Krankheitsfrüherkennung, um betroffene Tiere möglichst früh isolieren zu können, das Geburtenmanagement, um das Erdrücken von neugeborenen Ferkeln zu verhindern und die Fixierungszeiten der Muttersau zu minimieren sowie das Monitoring von Nährstoffflüssen im Schweinestall.
Auf Basis von Kameras, Wärmebildkameras, Klimasensoren, die die Ammoniakkonzentration in der Luft messen, NIRS-Sensoren zur Messung der Nährstoffzusammensetzung von Gülle und anderer Sensorik werden die Bedingungen im Stall und der Zustand der Tiere kontinuierlich überwacht.
Nicht nur die Auswahl der geeigneten Sensorik, die die relevanten Aspekte für die Anwendungsfälle erfasst, stellt eine Herausforderung dar, sondern auch die schiere Masse an Daten, die vor allem durch über 50 Kameras generiert wird. Die Speicherung und Verarbeitung der Daten übernimmt eine Datenmanagement- und Datenanalyseplattform, die mit Open Source Big Data Komponenten entwickelt wird. Mit Hilfe eines Datenstrommanagementsystems werden Sensordaten plausibilisiert und fusioniert. Zudem werden Ereignisse erzeugt, wie zum Beispiel das Überschreiten einer festgelegten Temperatur im Stall. Auf der anderen Seite werden mit Hilfe von Deep Learning Modelle entwickelt, die es erlauben, Ereignisse in Videos, wie beispielsweise Schwanzbeißen, zu detektieren. Die generierten Ereignisse bilden dann die Grundlage für die Erstellung spezifischer Data Products, die in das Frühwarnsystem integriert werden, um Handlungsempfehlungen ableiten zu können.
Durch kontinuierlichen Austausch mit Landwirt*innen unterstützt „DigiSchwein“ anschließend den Transfer der gewonnenen Erkenntnisse und Ergebnisse in die breite landwirtschaftliche Praxis.
Weitere Informationen zum Experimentierfeld "DigiSchwein" finden sie auf der Webseite der Landwirtschaftskammer Niedersachsen:
https://www.lwk-niedersachsen.de/index.cfm/portal/1/nav/1093/article/35309.html